Führung der Generation Y: "Die heimlichen Revolutionäre?"
“Faul”, “wählerisch”, “unverbindlich”: dies sind einige der Begriffe mit denen die Generation Y vor einigen Jahren noch häufig in Verbindung gebracht wurde. Mittlerweile hat sich der Ruf der “heimlichen Revolutionäre” (Hurrelmann/Albrecht 2014) deutlich gebessert. Durch ihren Eintritt in die Arbeitswelt fordern die Millennials, (oder Ypsiloner, wie sie auch häufig genannt werden) neue Formen der Führung und Zusammenarbeit.
Die “Generation Y” ist seit mehreren Jahren im Alltag der meisten Personalverantwortlichen ein fester Begriff, doch wie ist er genau zu fassen, wie kommt eine Generation zustande? Durch zeitgleiche Sozialisation und gemeinsame Erfahrungen entwickelt sich eine generationsspezifische Identität, die zu ähnlichen Werten, Einstellungen und Präferenzen der Mitglieder einer Generation führt (Pfeil 2017: 7).
Letztlich prägen die gemeinsamen Erfahrungen beim Aufwachsen die empirisch feststellbaren Gemeinsamkeiten. Jede neue Kohorte bringt ihre Werteprioritäten ein und verlangt, dass ihr Arbeitsumfeld ihren Ansprüchen gerecht wird.
Wann und wie also sind die Millennials aufgewachsen?
Als Generation Y wird die Kohorte mit den Geburtsjahren 1985 bis 2000 bezeichnet, d.h. ihre Angehörige sind jetzt im Alter von 21 bis 36. Sie sind die ersten Digital Natives, die von Kindesbeinen online aufgewachsen sind. Die neuen Medien ermöglichen völlig neue Formen der Kommunikation, die sich auch auf soziale Umgangsformen und kulturelle Lebensstile auswirken. Auch die Funktion von Information und Wissen hat sich verändert. Sie sind Vorreiter bei der selbstbewussten Nutzung der immer ausgefeilteren Internettechnologien und drücken die damit verbundenen Lebensstile und kulturellen Ausdrucksformen aus (Schutz 2016: 302).
Die Generation Y ist direkter, nicht nur in der Alltagskommunikation, sondern auch in ihren Beziehungen zum Arbeitgeber: Die Ansprüche und Anforderungen steigen (Hurrelmann und Albrecht 2014: 25; Parment 2013: 64).
Als Heranwachsende haben Millennials nicht nur die Vielzahl an Optionen für ihr eigenes Leben erlebt, sie mussten auch Ereignisse wie die Terroranschläge vom 11. September 2001 oder die Finanzkrise von 2007-2009 verarbeiten. Da die Zukunftsaussichten der Generation Y während ihrer gesamten Jugend ungewiss schienen, sind sie längst daran gewöhnt, sich mehrere Optionen offen zu halten (Hurrelmann und Albrecht 2014: 31).
Mit den neuen Chancen, die sich aus der Digitalisierung, der Globalisierung und einer inklusiveren Gesellschaft ergaben, litten sie gleichzeitig unter der Unsicherheit, die mit den gesellschaftlichen und vor allem wirtschaftlichen Umwälzungen in ihrer Jugend einherging. Daher legen Millennials ein besonderes Augenmerk auf ihre Bildungskarriere: "Die Generation Y ist sich stets bewusst, dass die bestmögliche Bildung der einzige Parameter ist, den sie wirklich selbst beeinflussen kann, um die eigenen Karrierechancen zu verbessern." (Hurrelmann und Albrecht 2014: 34).
Der Anteil der Millennials mit Abitur oder Fachhochschulreife ist seit dem Jahr 2004 (älteste Millennials mit Abitur), 43 Prozent der Kohorte, bis 2014, 53 Prozent, stetig gestiegen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2016: 97).
Als sich die Wirtschaft nach der Finanzkrise von 2007-2009 zu erholen begann, fanden Millennials einen Arbeitsmarkt vor, der bis heute in vielen Schlüsselindustrien unter einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften leidet. Diese Knappheit führt dazu, dass die Mitglieder der Generation Y bei der Auswahl von Arbeitsplätzen wählerisch sind (Hurrelmann und Albrecht 2014: 67; Solnet et al. 2012; Ruthus 2014) und Ansprüche an das Angebot von Unternehmen stellen, die sich ihrerseits anstrengen müssen, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein.
Bei der Entscheidung, für ein Unternehmen zu arbeiten, verlangen 63 Prozent der Millennials eine angemessene finanzielle Vergütung und 52 Prozent eine positive Arbeitsplatzkultur. Rund 50 Prozent der Millennials wünschen sich flexible Arbeitszeiten und -orte und fordern Möglichkeiten zum kontinuierlichen Lernen, wie z. B. Weiterbildungen (Abbildung 1). Sowohl motivierende Exchange-Beziehungen als auch ein motivierender, weil positiver Arbeitsplatz sind für diese Kohorte essentiell.
Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass Millennials eine Generation sind, die Arbeit als einen Bereich der persönlichen Erfüllung und Entwicklung darstellt (Parment 2013: 122), oder mit anderen Worten: "Mittel zum Zweck einer sinnvollen Erfüllung" (Schutz 2016: 305).
Was heißt das im Umgang mit der Generation Y?
Führungskräfte sehen sich vor die Aufgabe gestellt, den hohen Ansprüchen einer selbstbewussten Generation gerecht zu werden. Millennials wünschen sich ihre Führungskräfte als Mentoren: sie wollen Mentor:innen und Coaches, die ihnen Freiraum in der Arbeitsgestaltung einräumen und sie in schwierigen Situationen unterstützen.
Gleichzeitig bleibt es wichtig, den Angehörigen der Generation Y deutliche Orientierung in Form von klaren Entscheidungen zu geben. Das heißt: deutlich Position beziehen, wenn nötig. Führungskräfte benötigen die Fähigkeit, sehr klar und eindeutig Position zu beziehen und Forderungen zu stellen. Gleichzeitig brauchen sie aber auch die Fähigkeit, sich zurückzunehmen, dem Mitarbeitenden Verantwortung zu geben, ihn bei der Erreichung seiner Ziele zu unterstützen und seine Entwicklung zu fördern.
Führung bedeutet also, zu wissen, wann ich als Führungskraft Entscheider:in oder Coach bin und die Rolle konsequent auszufüllen.
Literatur:
- Deloitte. 2017. Die Deloitte-Umfrage 2017 unter Millennials: Besorgte Millennials: Auf der Suche nach Stabilität und Chancen in einer unsicheren Welt. London: Deloitte. Aufgerufen am 12. März 2020. (https://www2.deloitte.com/at/de/seiten/press-release/millennial-studie-2017.html).
- Hurrelmann, Klaus, und Erik Albrecht. 2014. Die heimlichen Revolutionäre: Wie die Generation Y unsere Welt verändert. Weinheim: Beltz.
- Parment, Anders. 2013. Die Generation Y. Wiesbaden: Gabler Verlag
- Pfeil, Silko. 2017. Werteorientierung und Arbeitgeberwahl im Wandel der Generationen. Wiesbaden: Springer.
- Ruthus, Julia. 2014. Arbeitgeberattraktivität aus Sicht der Generation Y. Wiesbaden: Springer.
- Schutz, Thomas. 2016. “Die digital geprägten Generationen Y & Z: Wie führe ich die Unführbaren?” S. 299–311 in uniscope. Publikationen der SGO Stiftung, Führen in ungewissen Zeiten: Impulse, Konzepte und Praxisbeispiele, herausgegeben von O. Geramanis und K. Hermann. Wiesbaden: Springer Gabler
- Solnet, David, Anna Kralj, und Jay Kandampully. 2012. “Mitarbeiter der Generation Y: eine Untersuchung der Unterschiede in der Arbeitseinstellung". Die Zeitschrift für angewandtes Management und Unternehmertum, 17(3): S. 36– 54.
Autor
Yannik Fleer, M.Sc.
ist Soziologe, systemischer Organisationsberater und Coach.
Er begleitet diverse Organisationen aus verschiedenen Branchen mit dem Schwerpunkt agiles Arbeiten und Innovationsmethoden. Neben seiner Arbeit als Trainer bei dem WIBK ist er Ausbilder im Lead Programm für junge Führungskräfte der Circle Akademie und Dozent an der Universität zu Köln im Bereich systemische Organisationsberatung und Coaching.
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